Geschichte der WARR

1960

Die WARR ist die Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für Raketentechnik und Raumfahrt und wurde 1960 gegründet. Sie versuchte durch Vorträge und Veranstaltung die Abwesenheit eines Luft und Raumfahrttechnik Lehrstuhls an der TU München auszugleichen.

1962

Vom damaligen Studenten und jetzigen Professors Robert Schmucker wurde die AGRR (Arbeitsgemeinschaft für Raketentechnik und Raumfahrt)  aus der Fortführung einer Schüleraktivität heraus gegründet. Die Grundsätze dieser Gruppe waren die praktische Tätigkeit neben dem Studium und die eigenständige Fertigung von Bauteilen. Man befasste sich haupsächlich mit Messtechnik und kleineren Fest- und Flüssigtriebwerken.

Da es sich heute noch bei der WARR um eine Studenten Gruppe handelt, die sich praktischen Arbeiten verschrieben hat, wird dieses Jahr als Gründungsjahr angesehen.

1964

W. Tuzinsky begann mit den Hybridraktenaktivitäten. Nach längere Suche für den geeigneten Treibstoff legte man sich auf Salpetersäure als flüssiger Oxidator und Aminophenol/Toluidin als fester Brennstoff. Im Zuge dieses Projekts befasste man sich mit Triebwerkstechnik, Amaturen und Ventilen. Außerdem untersuchte man das Abbrandverhalten dieser damalig neuen Technologie.

1966

Da man feststellte, dass die grundsätzlichen Interessen der beiden Arbeitsgruppen gleich sind und man Personal Probleme hatte, wurde die AGRR und die WARR zusammengeführt.

1974

Einer der größten Erfolge der WARR ist die Konstruktion und der Flug der ersten deutschen Hybridrakete “Barbarella” am 12. März 1974. Die Rakete kann heute im Deutschen Museum in München besichtigt werden.

1975

Eine Zündverzug-Messanalage wurde entwickelt um flüssige Treibstoffe und deren hypergole Zündung genauer zu untersuchen. Hypergole Treibstoffe zünden wenn sie in Kontakt miteinander kommen ohne einen zusätzlichen Zündmechanismus. Wie schnell diese intrinsische Zündung erfolgt ist ein wichtiges Kriterium in der Treibstoffwahl und Motor Entwicklung.

1975-1981

Das erste Flüssigkeitstriebwerk LM 100 wird entwickelt. Hierfür wurde außerdem ein Teststand und ein neuer Einspritzkopf gebaut. Die Kühlung wurde vereinfacht durch ein dickwandiges Design (kapazitiven „Kühlung“) und eine kurze Brenndauer. Die ersten Brennversuche in 1976 waren schon erfolgreich. Leider waren die Brennversuche Anfang der 80er nicht mehr so erfolgreich und zeigten durch ihre starke Rauchentwicklung eine schlechte Verbennung auf.

1982-1984

Das nächste große Projekt sollte die Erkenntnisse des LM 100 nutzen und eine leistungstärkere Variante für Raketen entwickeln. Das LM 500 Triebwerk wurde hierzu mit einer Regenerativkühlung und einem neuen Prüfstand und neuen Messmöglichkeiten entwickelt. Es wurden verschiedene Einspritzköpfe untersucht. Hierzu wurden diese mit Wasser statt dem eigentlichen Treibstoff betrieben. Man entschied sich für ein Doppelkegel-Verfahren.

Die Brennkammer bestand aus Grafit und einer dickwandigen Düse (kapazitiven „Kühlung“). Brennversuche wurden im Sommer 1984  durchgeführt.

1983

Allerdings zünden UDMH und MMH mit N2O4. Mit MBB (Cassidian) konnte man einen Brennversuch durchführen.

In diesem Jahr wurde eine wissenschaftliche Nutzlast für die Höhenforschungsrakete der Firma OTRAG in Garching gebaut. OTUMAS (OTRAG TU-München Air Snapper) sollte aus großer Höhe Luftproben nehmen. Dieses Experiment wurde komplett selber von der WARR entwickelt. Die Fertigung fand gemeinsam mit der TU München statt.

Die Nutzlast funktionierte einwandfrei beim Start am 19. September, nur die Rakete stürzte ab, da noch eine zweite Nutzlast verwendet wurde. Daher konnte die Aparatur nur zerstört geborgen werden.

OTUMAS 2 wurde geplant aber nie durchgeführt, da OTRAG keine weitere Rakete startete.

1985-1987

Nachdem das Projekt LM 500 erfolgreich abgeschlossen war, entwickelte man am Nachfolger LM 1500. Dieser benötigte neben der regenerativen Kühlung außerdem neue Hauptventile und eigene Messtechnik. Auch wurde der Teststand modularisiert um nicht immer einen komplett neuen Teststand bauen zu müssen. Es wurden wieder Wasserversuche zur Kalibrierung durchgeführt. Am DLR Lampoldshausen wurden parallel weitere Messungen durchgeführt.

Brennversuche 1987 in Lampoldshausen ergaben 0,96 kg/s, pc ≈ 19 bar, ceff ≈ 1900 m/s, ɳ = 0,95 %. Die Kühlung des Triebwerks war allerdings zu gut daher war das HNO3 nicht warm genug. Außerdem war das Triebwerk zu schwer für den echten Einsatz.

1985-1995

Als nächstes wurde eine Höhenforschungsrakete HARRY1 konzeptioniert, designed und konstruiert. Eine solche Rakete geht über die Triebwerkentwicklung hinaus und war ein anspruchsvolles Ziel. Sie sollte eine Nutzlast von 5kg auf 30km Höhe bringen. Als Treibstoff wurde rotrauchende Salpetersäure mit Furfurylalkohl, ca. 0,7 kg/s benutzt. Mit einer Länge von 4.5m und einem Startgewicht von 80kg musste man sowohl das Triebwerk, Tanksystem und Aerodynamic beachten.

Erste Brennversuche der Triebwerke für die HARRY1 wurden im April 1987 in Lampoldshausen durchgeführt.

1985 wurde mit der Entwicklung eines umfangreichen Computer-Programms zur Konstruktionsanalyse: ROCKSIM.
Einen IBM Computer für die Anbindung ans Leibniz Rechenzentrum wurde 1987 beschafft um die Simulation zu beschleunigen. Bereits 1988 wurden die Konstruktionen mit Finite Element modelliert. Außerdem stellte man das Programm auf UNIX um. 1992 wurde ROCKSIM komplett neu in C++ geschrieben.

1988-1990

Mit der Weiterführung der Triebwerksentwicklung wollte man das Konzept der LM 1500 verbessern und baute die filmgekühlte LM 1500 FC. Im Vorlauf testete man mit FA & N2O4. Für den Hauptlauf waren dann Kerosin und N2O4 geplant. Hierzu wurde die Prüfstandsmesstechnik erheblich mit allein 60 Temperatur-Sensoren am Triebwerk erweitert.

Das dünnwandige filmgekühlte Triebwerk wurde mit einer Paraboldüse konstruiert und gebaut. Die Brennversuche 1989 und 1990 in Lampoldshausen vorbereitet und durchgeführt.
Da 1989 praktisch keine Zündung erfolgt ist, wurde der Einspritzkopf verbessert. Allerdings konnte dies nicht das Messergebnis verbessern, da das Gemisch eine zu lange Zündzeit hatte.

1990-1993

Die LM 1500 Serie bekam eine neue Variante mit der LM 1500 CC, die für Zünderversuche mit MMH und N2O4 entwickelt wurde.
Im Zuge dieses Projekts wurden zahlreiche neue Einspritzköpfe entwickelt. 1990 machte man die ersten Zündversuche mit FA und N2O4 nachdem die Kampagne mit LM 1500 FC erfolglos blieb. Allerdings war auch hier nur einer von 14 Brennversuchen erfolgreich. Leider fand man erst später eine Diplomarbeit aus den 60ern, die zeigt, dass FA mit N2O4 nicht zünden, da nur kleine Mengen von Wasser N2O4 zu HNO3 reagieren lassen.

Allerdings zünden UDMH und MMH mit N2O4. Mit MBB (Cassidian) konnte man einen Brennversuch durchführen.

1993-1995

Man entschloss sich zu einem kompletten Neustart der Treibstoff und Raketen Projekte. Der Prüfstand wurde neu aufgebaut und verschiedene Treibstoffgemische wurden abgewägt. Auch eine Fremdzündung mit Ammoniak oder Propan und Lachgas war im Gespräch. Mit dem Umzug des LRT nach Garching stellte sich die Frage nach dem Platz für die WARR. Man musste sich ein neues Testgelände suchen und fand Grafenwöhr.

1997-2002

1997 entwickelte man zusammen mit der DGLR für die Jahrestagung einen Prototypen eines G-Sim Anzugs. Ein zweiter Prototyp wurde 2000 entwickelt und konnte 2001 auf dem Parabelflug SMOFEX getestet werden. Der dritte Prototyp konnte beim M-Grace Parabelflug 2002 erprobt werden.

2003

Nach langer Suche haben wir am LRT Lehrstuhl wieder eine Heimat gefunden und bekamen unser eigenes Büro. Außerdem wurde auf dem Luft- und Raumfahrtkongress in München die erneute Zusammenarbeit mit beschlossen. Im Projekt Adler I (A Development of a Liquid Engine Rocket) sollte der Nachweis der Realisierbarkeit einer flüssigkeitsgetriebenen Rakete mit geringen finanziellen Mitteln erbracht werden.

Das Projekt wurde in mehrere Entwicklungsphasen aufgeteilt und mehrere verschiedene Teams innerhalb der Studentengruppe wurden gebildet.

Für den Antrieb waren ca. 80% der finanziellen Mittel eingeplant.

Im Fall der Adler I wurde die Oxydatormasse als fixer Parameter definiert, da aus Kostengründen auf einen serienmäßigen CFK-Tank zurückgegriffen werden sollte. Als Nutzlast für eine erste Mission waren ein Bergungssystem und ein GPS-Sender vorgesehen.

2004-2009

Nachdem man schon öfter zusammengearbeitet hatte, entschloss man sich 2004 zusammen mit dem DGLR mit einem Gemeinschaftsstand auf der ILA in Berlin aufzutreten.

Mit dem Start der WARR-EX1 in 2005 konnte man das Design einer schnell zu bauenden Testrakete verifizieren. Zusammen mit der Bundeswehr Universität wurden 2006 weitere Triebwerkstest durchgeführt. Außerdem wurde in diesem Jahr das erste Mal der Modelraketen-Workshop für Studierende im ersten Semester durchgeführt. Hier treten verschiedene Studententeams gegeneinander mit kleinen Modellraketen an.

Mit dem Jahr 2007 kam auch ein neues Team und ein neues Themengebiet dazu. Das Space Elevator Team konstruiert und baut Wetlraumaufzüge. Dies ist im Moment nur ein Konzept, da eine Aufzug in realitischer Größe durch das Eigengewicht des benötigten Seils nicht umsetztbar ist. Allerdings gibt es trotzdem eine große Community bensonders in Japan. Dort nahm die WARR auch 2009 an einem Space Elevator Wettbewerb teil.

2010-2012

Mit dem Start der xM1 leitetet die WARR das neue Jahrzehnt im Jahr 2010 ein. Das Space Elevator Team führte auch den ersten European Space Elevator Wettbewerb EuSpEC durch und knüpft damit an die Wettbewerbe in Japan an.

Der Lehrstuhl für Raumfahrttechnik startete 2011 den ersten Cubesat Satelliten mit dem Namen First-Move. Aus den beteiligten Studierenden und Doktoranden entstand dann ein Jahr später das Projekt MOVE-II. Damit erweiterte die WARR noch einmal ihre Projekte mit der Satelitentechnik. Außerdem durften wir 50 Jahre bestehen feiern. Das Jahr 2012 krönten wir dann auch noch mit dem Start der XM-2 Rakete.

2013-2017

Nach den erfolgreichen Starts der letzten Jahre entschloss sich die Raketentechnik 2013 zu einem neuen Projekt: Cryosphere. Schon 2014 war Hy500 Demonstrator Cryogenic Engine bereit und der Start der WARR-EX2 Rakete wurde 2015 durchgeführt. Außerdem entwickelte man weiter an Triebwerken und baute den Hyper2 Subscale Cryogenic Engine. Die Bemühungen hatten ihren Höhepunkt mit dem Hot Fire Brenntest des sogennaten Battleship in Lampoldshausen. Innerhalb des STERN Projekts wurde hier eine Fullscale Engine getestet.

Außerdem wurde 2013 noch ein weiteres Team innerhalb der WARR gegründet: Interstellar Flight. Dies beschäftigt sich mit dem interstellaren Flug allgemein und insbesondere mit dem bemannten interstellaren Flug.

Anfang Mai 2013 nahm das Ghost Team der WARR Interstellar Flight an dem Project Icarus Concept Design Competition teil. Das Team stellte im Oktober 2013 in den Räumen der British Interplanetary Society ihr Konzept vor und wurde unter den vier internationalen Teams für den besten Entwurf ausgezeichnet. Im Oktober 2014 begann das Interstellar Flight Team mit der Arbeit an einer interstellaren Raumsonde mit Lasersegelantrieb für die Project Dragonfly Design Competition der Initiative for Interstellar Studies (I4IS). Auch in diesem Wettbewerb konnte sich der Entwurf des WARR-Teams gegen die internationale Konkurrenz durchsetzen.

Da der Wettbewerb eingestellt wurde und man nicht die finanziellen Ressourcen für eigenen Hardwarebau hatte, wurden die Aktivitäten des Interstellar Flight Teams Ende 2014 eingestellt.

Am 20. April 2015 wurde die WARR offiziell zum gemeinnützigen Verein WARR e.V..

Im Jahr 2015 konnten wir auch noch ein neues Team bei uns begrüßen: Hyperloop. Dieses Team ist in der Öffentlichkeit eines der bekanntesten. Hyperloop ist ein Hochgeschwindigkeitsverkehrssystem, bei dem sich Kapseln in einer weitgehend evakuierten Röhre auf Luftkissen gleitend mit nahezu Schallgeschwindigkeit fortbewegen. Der Unternehmer Elon Musk stellte die Idee im August 2013 vor. Er rief auch im Jahr 2017 zum ersten Mal zu Design Wettbewerben zu diesem Projekt auf. Mit unserem Team konnten wir im Januar und August 2017 den ersten Platz der schnellsten Pod Wertung belegen.

Währenddessen arbeitete die Satellitentechnik an ihrem ersten Cubesat MOVE-II. Um einige Komponenten schon im Vorfeld unter Weltraumähnlichen Bedingungen zu testen, starteten wir 2017 einen mit Helium gefüllten Höhenballon im September unter dem Namen MOVE-ON Hydrogen.

2018-2019

2018 konnten wir noch ein neues Team bei uns begrüßen: Exploration. Das Exploration Team entwickelt und baut Mars Rover. Mit diesen treten wir in Polen bei der European Mars Rover Challange an. Das große Ziel ist ein echter Rover auf dem Mars.

Dafür haben wir ein altes Team abgegeben: Hyperloop arbeitet jetzt auf Grund ihrer Größe als eigener Name unter dem Verein Next Prototypes e.V..

2019 konnten wir mit den Raketentechnik auch einen großen Meilenstein feieren. Das Fluid System der WARR-EX3 konnte komplett gestestet werden. Mit einem beeindruckenden Cold Flow Test konnte das Fluid System der WARR-EX3 komplett gestestet werden

Nach langer Entwicklung startete unser Satelit MOVE-II im Dezember 2018 mit einer SpaceX Falcon 9 Rakete in den Low Earth Orbit. Kurz darauf haben wir auch noch die Möglichkeit bekommen MOVE-IIb zu bauen. Dieser ist quasi ein Klon von MOVE-II. Er konnte erfolgreich im Juli 2019 mit einer Soyus Rakete in den Orbit gebracht werden.

Im Sommer 2019 wurde außerdem der Startschuss für das MOVE-BEYOND Projekt gegeben. Nachdem nun zwei Satelliten im Orbit sind, wollen wir unsere Erfahrungen in eine eigene modulare Cubsat Plattform stecken.

2020

2020 makiert nicht nur den Start eines neuen Jahrzehnts, sondern auch den Start eines neuen Teams bei der WARR. Das Space Labs Team entwickelt und baut eine autonome Laboreinheit, die auf der ISS Experimente in Mikrogravitation ermöglichen soll.

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